Schleswig-Holsteinischer Landkreistag begrüßt das Urteil des Landesverfassungsgerichts zum kommunalen Finanzausgleich
Mit Urteil vom 27. Januar 2017 hat das schleswig-holsteinische Landesverfassungsgericht das Gesetz über den kommunalen Finanzausgleich 2014 in weiten Teilen für unvereinbar mit der Verfassung erklärt.
Der Vorsitzende des Schleswig-Holsteinischen Landkreistags Reinhard Sager sagte in Schleswig: „Das ist ein guter Tag für die kommunale Selbstverwaltung in Schleswig-Holstein“. Das Gericht habe festgestellt, dass das Land nicht „in Gutsherrenart“ den Finanzbedarf für die kommunale Aufgabenwahrnehmung festlegen könne ohne eine umfassende Bestandsaufnahme zu machen. Zu Recht betont das Urteil mehrfach die Gleichwertigkeit der Aufgaben des Landes und der Kommunen.
Der Vorwurf, man habe seitens des Landes vollständig und ohne Begründung auf eine Bedarfsermittlung verzichtet, wiegt schwer. Insbesondere weil durch die Neufassung des FAG im Jahr 2014 der 120 Millionen Eingriff in die Finanzausgleichsmasse verschleiert worden sei. Daher, so Sager weiter, sei man guter Hoffnung, dass das Land in Umsetzung des Urteils nicht nur seinen verfahrensrechtlichen Pflichten zur Sachverhaltsermittlung nachkomme, sondern dabei auch eine Neubewertung der Ausgleichsmasse zugunsten der Kommunen vornehme. Aktuelle Zahlen zur ungleichen Verteilung der Haushaltsüberschüsse bei Bund, Ländern und Kommunen könne man nicht ausblenden.
Dr. Sönke E. Schulz, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Landkreistags, ergänzt: „Nun gilt es gemeinsam mit der Landesregierung und den Schwesterverbänden ein Verfahren zu verabreden, wie und wann eine zeitnahe Reform des FAG gelingen kann.“ Im Interesse der finanziellen Situation vieler Kreise und vor dem Hintergrund steigender Ausgaben, z. B. im sozialen Bereich, müsse der Reformprozess von einer neu gewählten Landesregierung mit höchster Priorität verfolgt werden. Dabei wird auch der vom Gericht angesprochene Aspekt des rauminduzierten Finanzbedarfs, also „die Kosten der Flä-che“ im Gegensatz zu den „Kosten der Verdichtung“ zu berücksichtigen sein.
Am Urteil des Landesverfassungsgerichts ist aus kommunaler Perspektive zu kritisieren, dass die Hürden für die Zulässigkeit kommunaler Verfassungsbeschwerden vom Gericht hoch gesetzt wurden. Die Verfassungsbeschwerden der Kreise Ostholstein, Nordfriesland und Schleswig-Flensburg wurden zum Teil als unzulässig zurückgewiesen. Sager: „Dies wird es zukünftig erschweren, finanzwirksame Entscheidungen des Landesgesetzgebers einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen. Dies ist zu bedauern. Unser Dank gilt daher auch den Oppositionsfraktionen, deren Normenkontrolle den Weg zu einer umfassenden Kontrolle des FAG geebnet hat."
Zum Hintergrund:
Das FAG bildet die einfachgesetzliche Umsetzung der in der Landesverfassung garantierten finanziellen Ausstattung der Kommunen. Es soll eine aufgabengerechte und auskömmliche Finanzausstattung gewährleisten und sicherstellen, dass den Kommunen Freiraum für freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben verbleibt. Mit der grundlegenden Reform im Jahr 2014 wurde die Finanzausgleichsmasse – der den insgesamt den Kommunen zur Verfügung stehende Betrag – neu definiert und in vielen Detailregelungen eine Verteilung nach Kommunalgruppen und auf jede einzelne Gebietskörperschaft vorgenommen.
Die Kreise Ostholstein, Nordfriesland und Schleswig-Flensburg haben das FAG 2014 im Wege der kommunalen Verfassungsbeschwerde angegriffen. Gerügt wurden sowohl ein fehlerhafter vertikaler Finanzausgleich – also zwischen Land und den Kommunen des Landes – sowie eine Fehlgewichtigung im horizontalen Verhältnis, also zwischen den Kommunalgrup-pen, zulasten der Kreise und des ländlichen Raums. Der Schleswig-holsteinische Landkreistag als Interessenvertretung der elf Kreise im Land hat die klagenden Kreise im Verfahren unterstützt. Das FAG wurde parallel im Verfahren der abstrakten Normenkontrolle von den Oppositionsfraktionen im Schleswig-Holsteinischen Landtag angegriffen. Dank dieses Antrags konnte das Gericht – trotz teilweiser Unzulässigkeit der kommunalen Verfassungsbeschwerden – vollständig zur Sache entscheiden.
Diese Pressemitteilung ist auch unter www.sh-landkreistag.de (Aktuelles, Presse) verfügbar!
Verantwortlich
Dr. Sönke E. Schulz
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Schleswig-Holsteinischen Landkreistages